Im Internet auf den Spuren der Vorfahren

Wie Paul William Godt aus Wright City, USA,
seine Verwandten in Brockhagen wiederfand

von Friedrich Wilhelm Dickenhorst

Der ältere Bruder meiner Großmutter, August Friedrich Adolph Godt, geb. 21.04.1857 in Brockhagen, folgte der großen Auswanderungswelle im 19. Jahrhundert und dem Ruf Auf nach Amerika und wanderte 1883 nach den Vereinigten Staaten aus. Er ließ sich im damaligen Mittleren Westen, im Staat Missouri in der Nähe der Stadt Wright City nieder. 

Obwohl das Standesamtswesen bereits 1875 in Preußen eingeführt war, stellte ihm der damalige Brockhagener Pastor Friedrich Wilhelm Ellermann zur Legitimation und Identität die u.a. Geburtsurkunde aus. Friedrich Wilhelm Ellermann war von 1868 bis 1891 Pfarrer in Brockhagen. 

Urkunde aus dem Besitz von Paul Wilhelm Godt, dem Enkel des Auswanderers

August Friedrich Adolph, ehelicher Sohn des Colon Nro 21 hier Johann Heinrich Godt gen. Wissmann und Katherine Ilsabein Niederfahrenhorst, ist geboren am 21. April 1857 eintausendachthundertsiebenundfünfzig und getauft am 2. Mai des Js.

Extrahiert aus dem hiesigen Kirchenbuche

Brockhagen 23 Januar 1883

(Siegel der Kirchengemeinde                                        Der Pfarrer
 Brockhagen)                                                                 Ellermann

Warum wurde der Zusatz genannt Wissmann vermerkt? Es war wohl allgemein früher hier üblich, dass, wenn ein Mann auf einen Hof einheiratete, er seinen eigenen Namen aufgab und den Hofnamen annahm. Die gemeinsamen Kinder führten dann weiter den Hofnamen.

Dies war hier aber nicht der Fall.

Die Eltern meiner Großmutter und auch des Auswanderers A. F. A. Godt, Johann Heinrich (Rudolph) Godt und seine Ehefrau Katharine Ilsabein Niederfahrenhorst hatten das Colonat Wissmann 1848 von dem letzten Erben, Heinrich Wilhelm Wissmann, für 5.000 Reichstaler gekauft und 1856 ein neues Hofgebäude errichtet, wie die Anschrift auf dem Torbalken zeigt:

Torbalkeninschrift des jetzigen Hofes Dickenhorst Brockhagen Nr 21 jetzt Gütersloher Str. 58

Diese Stätte Brockhagen Nr. 21  war Jahrhunderte lang in dem Besitz der Familie Wischmann, wie sie 1556 genannt wurde (oder später Wissmann), gewesen.

Dieser alte Hofname war wohl so wichtig, dass er zusätzlich dem Namen des neuen Besitzers beigefügt wurde. Der Name Godt ist in den vergangenen Jahren in den Kirchenbüchern und Urkunden sehr unterschiedlich geschrieben worden (God, Gott, Got,Goth, Goht).

Meine Großmutter, Catherine Eleonore Godt, geb. 01.08.1866, die jüngere Schwester von A. F. A., heiratete am 12.11.1887 meinen Großvater, Johann Heinrich Dickenhorst aus Jöllenbeck, sie wurden Besitzer und gaben dem Hof an der Gütersloher Straße 58 seinen Namen.

Den Auswanderer A. F. A. Godt 1883 nach Amerika begleitet hat sein Freund oder zumindest guter Bekannter, Heinrich Wilhelm Astroth, gebürtig aus Kölkebeck, der aber auch in Brockhagen arbeitete und wohnte.

Dass diese Vermutung zutrifft kann man daraus schließen, weil er dessen Schwester, Johanne Marie Wilhelmine Astroth, geb. 18.10 1863 in Kölkebeck, am 4. März 1885 in Wright City geheiratet hat.

Es hat einen umfangreichen Briefwechsel des Auswanderers mit seinen Geschwistern in Brockhagen gegeben. Leider ist er verloren gegangen. Diese Briefe hätten Auskunft geben können, wie es dem Auswanderer in der Neuen Welt ergangen ist.

1927, im Alter von 70 Jahren, hat sich A. F. A. Godt auf die lange Reise nach Deutschland gemacht, um seine Geschwister in Brockhagen zu besuchen. Die beschwerliche Reise per Schiff und Bahn hat er auf sich genommen, sicher in dem Bewusstsein, dass diese Begegnung die letzte in seinem Leben mit seinen Verwandten in Deutschland sein würde.

Das u.a. Foto zeigt ihn mit seinen jüngeren Schwestern Charlotte Karoline und Catherine Eleonore, meiner Großmutter, im Garten seines Elternhauses in Brockhagen.

   

Der Auswanderer A. F. A. Godt mit seinen jüngeren Schwestern
Charlotte Karoline und Catherine Eleonore

Als das Ehepaar August Friedrich Adolph und Johanni Marie Wilhelmine Godt 1936 ihre Goldene Hochzeit gefeiert hatten, schickten sie ein Erinnerungsfoto nach Deutschland. Auf dem u.a. Bild sind sie mit ihrer Enkelin Doris Clara Godt abgebildet.

Das Haus im Hintergrund ist unschwer als typisch amerikanisches Holzhaus zu erkennen.

Das Goldene Hochzeitspaar August Friedrich A. und Johanni Marie
Wilhelmine Godt mit ihrer Enkelin Doris Clara Godt

Gestorben sind beide im hohen Alter:

August F. A. Godt am 12.07.1945 im Alter von 88 Jahren  und seine Ehefrau Minnie J. Godt am 03.05.1944 im Alter von 80 Jahren, wie die Grabsteine auf dem Friedhof von Wright City bezeugen.

 

Der 2. Weltkrieg hat dann sämtliche Verbindungen zerschnitten.

Bei meinen familienkundlichen Forschungen hatte ich 1999 festgestellt, dass es in den amerikanischen Telefonbüchern 62 Namensträger Godt gab.

Bei dieser großen Anzahl war mir klar, dass diese nicht allein von A. F. A. Godt abstammen konnten. Ein Auszug aus den deutschen Telefonbüchern im vergangenen Jahr 2004 zeigte, dass dort 128 Namensträger Godt verzeichnet waren. Dabei konnte ich feststellen, dass es einmal im Norden – Schleswig Holstein, Hamburg, Niedersachsen – und zum anderen hier in Ostwestfalen eine Häufigkeit der Namen gab. Die Verteilung war ungefähr 50 % und 50 %. Mir war bekannt, dass der Stammhof der Godt, der jetzige Hof Strakerjahn Hörste Nr. 12, jetzt Zum Niederdorf 2, ist. 1897 hat ein Strakerjahn in den Hof Godt eingeheiratet. Alle, die den Namen Godt hier in Ostwestfalen tragen, können davon ausgehen, dass ihre Vorfahren, wenn sie sie weit genug zurück verfolgen können, von diesem Hof abstammen.

Zu den Godt im Hohen Norden komme ich am Schluss des Berichtes noch zurück.

Da ich bisher vergebens die Nachkommen des Auswanderers A. F. A. Godt gesucht hatte, bekam ich den Hinweis, im Internet zu suchen. Dort bin ich dann fündig geworden.

Auf der Homepage www.godt.de, die Hans-Jürgen Godt aus Meine bei Braunschweig ins Internet gestellt hat, waren neben vielen anderen Informationen 145 Stammtafeln der dänischen und westfälischen Godt-Linie zu finden.

Nachdem ich per Email meine Suchmeldung wegen der Nachfahren an ihn geschickt und er diese per Rundbrief auch nach Amerika weitergeleitet hatte, bekam ich dann per Internet Post aus Amerika. Es meldete sich Paul William Godt aus Wright City, der Enkel von A. F. A. Godt. Er schrieb: „Friedrich Wilhelm, your grandmother (Catherine Leonore Godt) and my grandfather (August Friedrich Adolph Godt) are brother and sister. You are my closest relative in Germany or Europe that I been able to contact. Without Hans-Jürgens’s help this would not happened. Dank …. Dank.”

Übersetzt: „Friedrich Wilhelm, deine Großmutter (Catherine Leonore Godt) und mein Großvater (August Friedrich Adolph Godt) waren Bruder und Schwester. Du bist mein nächster Verwandter in Deutschland oder Europa, mit dem ich Kontakt aufnehmen konnte. Ohne Hans-Jürgens Hilfe wäre das nicht geschehen. Dank .... Dank.“

Im Jahre 2003 fand in Kopenhagen das Familientreffen der Godt statt.

Paul William Godt, der an diesem Treffen teilnahm, hatte einen Abstecher nach Brockhagen gemacht, aber das Elternhaus seines Großvaters nicht gefunden. Er schreibt: „We were in Brockhagen this past summer about August 7 or 8. We saw the church grandpa had on a 1927 postcard . It was hot that day. We ate lunch at the Duck Tower and it was very good. We went back another day but the town was closed for a rock concert or something like that.”

Übersetzt: “Wir waren im vergangenen Sommer am 7 oder 8 August in Brockhagen. Wir sahen die Kirche, abgebildet auf einer Postkarte von 1927, die Großvater besaß. Es war ein heißer Tag. Wir aßen im Ententurm zu Mittag und es war sehr gut, aber die Stadt Brockhagen war wegen eines Rock-Konzertes oder ähnlicher Veranstaltung gesperrt.“ (Das Dorf Brockhagen hatte er schon zur Stadt erhoben, in dem an diesem Wochenende die Future Parade stattfand). Aufgrund dieses Umstandes – er spricht nur englisch – und weil ihm offenbar keiner weiterhelfen konnte, war ihm das Auffinden seiner Verwandten und des Elternhauses seines Großvaters nicht gelungen.

Nachdem ich Bilder vom Hof mit Inschrift vom Torbalken geschickt hatte, war er hellauf begeistert und versprach, in diesem Jahr wieder nach Brockhagen zu kommen.

Das Godt-Familientreffen soll in diesem Jahr 2005 hier in Hörste/Halle am 16. – 17. Juli stattfinden. Diesen Termin sollen sich alle Godt-Namensträger schon vormerken. Schriftliche Einladungen sollen folgen.

Der Enkel des Auswanderers Paul William Godt (links) mit Hans-Jürgen Godt, der die Familienwebseite Godt im Internet unterhält, auf dem Familientreffen 2003 in Kopenhagen

Nun werde ich zum Schluss, wie bereits im vorherigen Abschnitt versprochen, auf die Godt im Hohen Norden zurückkommen.

In den Stammtafeln im Internet werden jeweils eine dänische und eine westfälische Linie aufgezeigt. Weitere Information bekam ich, als ich von Hans-Jürgen Godt aus Meine bei Braunschweig die Familienchronik von Earl W. Godt II in die Hände bekam. Earl W. Godt ist Amerikaner und der Titel des Buches lautet: A HISTORY OF THE GODT FAMILY FROM SCHLESWIG 1549 – 1992. In dieser Familienchronik wird angenommen, dass für alle Godt-Namensträger, auch für die westfälischen, der Stammhof Godt in Rinkenaes in Süddänemark liegt. Da die Grenze zwischen Dänemark und Deutschland – Schleswig Holstein – in den vorangegangenen Jahrhunderten oft verschoben wurde, haben sich die Godt diesseits und jenseits der Grenze niedergelassen und vermehrt.

Aber wie kommt es, dass es hier in Westfalen, in Hörste bei Halle, die Godt gibt bzw. wie sind sie hier hingekommen?

Und da hat Herr Earl W. Godt II, ein Professor der Informationstechnik ,dessen Vorfahren aus dem Hohen Norden stammen, aufbauend auf Ereignissen der damaligen Zeitgeschichte, die folgende Theorie aufgestellt, die jedoch über keine historisch nachprüfbaren Beweise verfügt.

Diese nachfolgende These ermöglichte es, eine eventuelle Brücke zwischen den Nachkommen der dänischen und westfälischen Godts in Amerika zu schlagen, die sich über das Interesse an der Ahnenforschung zusammengefunden hätten.

Es heißt dort (übersetzt).

„Im 30-jährigen Krieg zog der dänische König Christian IV. 1625 mit seinem Heer von Jütland nach Westfalen. Diesem Heer hat sich auch Hans Christensen Godt? von dem Hof Godt aus Rinkenaes, Süddänemark, angeschlossen.

Am 21. Juni 1625 zog der Tross von Nienburg nach Minden. Hier, bei der Überquerung der Weser, fiel der König mit seinem Pferd von der Brücke ins Wasser und war einige Zeit besinnungslos. Über 1.000 Soldaten sollen desertiert sein, weil sie glaubten, der König sei tot. Und da sei auch der Hans Christensen Godt? aus Rinkenaes desertiert und habe sich in Hörste niedergelassen.“

Er schreibt weiter (übersetzt): „Die Stadt! Hörste liegt 40 km südlich und westlich von Minden. Es war sicher sehr einfach für einen Soldaten, wie Hans Christensen Godt?, von Minden nach Hörste zu marschieren. Die ländlichen Kirchen von Schleswig haben gewöhnlich abwechselnd ihren Gottesdienst in deutscher oder dänischer Sprache abgehalten. Die Leute in Schleswig konnten allgemein beide Sprachen sprechen.

Hans Christensen Godt? hat sehr geringe Anpassungsschwierigkeiten mit den Leuten hier vor Ort in Hörste/Westfalen gehabt.“

So ist es wahrscheinlich nicht gewesen, denn 1556 im Urbar der Grafschaft Ravensberg, in der Bauerschaft Hörste, wird ein de Gott genannt, der Gerhard Steinhaus und seinen Brüdern eigenbehörig ist. Das Gut Steinhausen bei Halle/Westfalen war von 1300 bis 1600 Stammsitz des ausgestorbenen Ravensbergischen Geschlechts von Steinhaus. Nach häufigem Besitzerwechsel, ab dem 17. Jahrhundert, kam es im 19. Jahrhundert in den Besitz der Tatenhauser Grafenfamilie.

Die Haller Kirchenbücher beginnen nach dem 30jährigen Krieg ab 1653. Hörste gehörte bis 1707 zur Haller Kirchengemeinde. Erst dann konnte sie sich von Halle lösen und ab diesem Zeitpunkt wurden in Hörste die Kirchenbücher selbständig geführt.

Im 1. Haller Kirchenbuch ab 1653 konnte ich neben vielen früh verstorbenen Godt dann acht Frauen und Männer finden, bei denen neben dem Beerdigungstag auch das Alter angegeben war und nach Rückrechnung zwischen 1593 und 1621 geboren waren.

Und hiermit ist m.E. die Theorie des Herrn Earl W. Godt II aus Amerika widerlegt. Jedoch haben sich bisher die Godts sowohl von Süddänemark (Schleswig) als auch aus Ostwestfalen, besonders aber die Nachkommen der Auswanderer, in Amerika aus beiden Regionen als ein großer Familienverband gefühlt. Dies soll auch nach diesen neuen Erkenntnissen meiner Forschung so bleiben. Ob es dennoch eine Verbindung zwischen den beiden Gruppen gibt, müsste noch erforscht und bewiesen werden. Bisher ist eine konkret beweisbare Verbindung nicht erkennbar, aber vielleicht werden noch Dokumente aus grauer Vorzeit gefunden, die diese Theorie bestätigen können.

Die an der Ahnenforschung interessierten Familienmitglieder beider Gruppen werden auch weiterhin Kontakt zueinander halten, den Stammbaum bzw. die beiden Stammbäume weiter pflegen und sich auf den Familientreffen der Godt-Namensträger treffen und weitere Informationen austauschen. Diese Treffen finden derzeit im Wechsel in Dänemark/Deutschland und in den USA/Kanada statt